Wenn die Herzleistung nicht ausreicht, kann ein Kunstherz vielen Patienten eine neue Perspektive bieten. Sie können damit Lebenszeit und Lebensqualität gewinnen.
Oldenburg Bei vielen schwer herzkranken Menschen ist absehbar, dass ihr Lebensmotor Herz auch mit medizinischen Hilfsmitteln schon in naher Zukunft zu schwach sein wird, um den Betroffenen am Leben halten zu können. Viele von ihnen hoffen auf die Transplantation eines Spenderorgans. Um dafür infrage zu kommen, müssen die Patienten strenge Kriterien erfüllen, die sich an den Richtlinien der Bundesärztekammer orientieren.
Erst nach der zweifelsfreien Feststellung der medizinischen Notwendigkeit können die Patienten von einem Team aus internen und externen Experten eines organspezifischen Transplantationszentrums in eine Warteliste aufgenommen werden. Die so ermittelten Patientendaten werden dann an die zentrale Vermittlungsstelle Eurotransplant im niederländischen Leiden weitergeleitet, wo eine Warteliste für die Mitgliedsländer Ungarn, Belgien, Deutschland, Luxemburg, Niederlande, Österreich und Slowenien geführt wird.
Dank der länderübergreifenden Kooperation ist es in vielen dringenden Fällen möglich, ein lebensrettendes Organ zu finden. Allerdings hilft das längst nicht allen. Weil die Zahl der Betroffenen zunimmt und zugleich das Angebot an Spenderorganen zurückgegangen ist, verringern sich die Chancen auf eine rechtzeitige Versorgung für viele Patienten, berichtet Dr. Harald Eichstaedt, Oberarzt und Bereichsleiter für mechanische Kreislaufunterstützung in der Klinik für Herzchirurgie im Klinikum Oldenburg: „Viele schwer herzkranke Menschen brauchen sehr schnell Hilfe. Eine monate- oder sogar jahrelange Wartezeit auf die Transplantation eines geeigneten Spenderorgans würden sie nicht überleben.“
Die auch als Insuffizienz bezeichnete schwere Herzschwäche zählt in Deutschland zu den häufigsten Todesursachen. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass pro Jahr bundesweit 320 von 100 000 Frauen und Männer neu an einer Herzinsuffizienz erkranken, wobei das Erkrankungsrisiko zwischen dem 70. und dem 80. Lebensjahr besonders hoch ist. Ursachen sind in den meisten Fällen Erkrankungen der Kranzgefäße oder der Herzklappen.
Betroffene haben in erster Linie das Problem, dass die Pumpleistung ihres Herzens nicht mehr ausreicht, um den Körper mit genügend Blut und Sauerstoff zu versorgen. Die Folge ist, dass der Organismus kaum oder gar nicht mehr in der Lage ist, lebenswichtige Funktionen wahrzunehmen. Ein gesundes Herz pumpt im Ruhezustand vier bis fünf Liter Blut pro Minute durch den Organismus. Bei Menschen mit einer Herzinsuffizienz sinkt die Pumpleistung mitunter auf unter 20 Prozent ab, so Dr. Eichstaedt: „Betroffenen geht es sehr schlecht. Sie verlieren ihre körperliche Leistungsfähigkeit bis hin zur akuten Lebensgefahr.“
Ein Kunstherz kann insbesondere Patienten helfen, die an einer sogenannten Linksherzinsuffizienz leiden. Die verringerte Pumpleistung der linken Herzhälfte bewirkt, dass es zu einem Blut-Rückstau in den Lungengefäßen kommt. Als dessen Folge kann sich Wasser in der Lunge ansammeln. Das dann vorliegende Lungenödem bedeutet für viele Patienten Lebensgefahr – auch weil ihre Körperkonstitution wegen der Herzschwäche ohnehin angegriffen ist. Ein Kunstherz kann sicherstellen, dass es dazu nicht kommt.
Moderne künstliche Kreislaufsysteme können heute – ähnlich wie ein Hilfsmotor – eine Pumpleistung von bis zu zehn Liter Blut pro Minute ermöglichen. Viele Patienten können damit wieder ein nahezu normales Leben führen und auch wieder am Berufsleben teilnehmen.
Möglich ist das dank moderner, mit Strom angetriebener Rotationssysteme wie der im Klinikum Oldenburg verwendeten Axialpumpe. Die Pumpe wird mittels einer Kanüle mit der linken Herzspitze verbunden. Das Blut kann so durch die Pumpe bis in die Aorta fließen, die mit einer Gefäßprothese an die Pumpe angeschlossen wird. Die Energieversorgung des Systems erfolgt über ein besonders gegen Infektionen geschütztes Kabel, das meistens oberhalb des Bauchnabels nach außen geführt wird und mit leistungsstarken Batterien verbunden werden kann, so dass die Betroffenen tagsüber mobil sein können.
Ein Kunstherzwird in einer im besten Fall zwei- bis dreistündigen OP als komplettes System in die Brust eingepflanzt. In der Herzchirurgie des Klinikums Oldenburg hat sich das Verfahren seit über sieben Jahren bewährt. Pro Jahr werden dort inzwischen 25 Patienten mit einem Kunstherz versorgt. Eine Axialpumpe besteht aus einem Rohr aus Titan oder Kunststoff, in dessen Inneren sich ein mittels elektrisch erzeugter Magnetfelder angetriebener, frei schwebender Rotor befindet.
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Der Rotor sorgt dafür, dass das einfließende Blut sicher immer in eine Richtung bis zur Hauptschlagader gepumpt wird, so Dr. Harald Eichstaedt. Ein Kunstherz hat heute eine Lebensdauer von etwa 17 Jahren. Vor allem für ältere Patienten kann es eine dauerhafte Lösung sein. Viele Patienten können damit zudem die Zeit bis zur Transplantation sicherer überbrücken.
Anders als ein gesundes Herz erzeugt eine Axialpumpe einen kontinuierlichen Blutstrom. Für die Träger hat das die Auswirkung, dass man bei ihnen keinen Puls fühlen kann.
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