Die russische Besetzung der Atomkraftwerk-Ruine Tschernobyl weckt die alten Ängste vor radioaktiver Verseuchung.
Fast vier Jahrzehnte nach dem GAU von Tschernobyl werden die knapp drei Millionen Einwohner Kiews nun von einem russischen Angriffskrieg heimgesucht – und das in nur gut 100 Kilometern Entfernung des havarierten Kernkraftwerkes Tschernobyl. Strahlenangst geht wieder um, wie 1986, als im fernen Westdeutschland die Menschen aus lauter Radioaktivitäts-Angst Spielplätze absperrten und Kindern den Konsum von Gemüse aus dem eigenen Garten verboten. Diese Atom-Hysterie löste nahtlos die damals modische Angst vor dem nie eingetroffenen Waldsterben ab (Der „Spiegel“ 1983: „Im Jahr 2000 wird Westdeutschland in weiten Teilen versteppt sein“).
Nun scheint die alte Furcht vor der Strahlung erneut Wiederauferstehung zu feiern:
„Die (ukrainische) Behörde schilderte, was nun im schlimmsten Fall passieren könne: Vor Ort lagerten rund 20.000 Brennelemente. Sie müssten ständig gekühlt werden. Das ist jedoch nur möglich, wenn es Strom gibt. Ohne eine Anbindung ans Stromnetz könnten die Pumpen nicht dauerhaft kühlen. In der Folge steige die Temperatur in den Lagerbecken an, es komme zu einer Verdunstung – und zu einer Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Luft.“
Herr Haferburg, was sagen Sie als Atomkraftexperte den Lesern, die durch die Besetzung des stillgelegten Kernkraftwerks Tschernobyl und den dadurch verursachten Stromausfall in Angst versetzt worden sind?
„Ein Kernkraftwerk, auch ein stillgelegtes, ist kein Objekt, in dem eine Kriegspartei etwas gewinnen könnte. Auch kein Plutonium. Die Russen haben mehr als genug Atombomben. Das stillgelegte Kraftwerk muss von den Aggressoren im eigenen Interesse mit dem nötigen Respekt behandelt werden. Ich verurteile die Besetzung durch die russischen Angreifer. Meinen mutigen Kollegen, die in der Anlage ihren Dienst versehen, wünsche ich Glück und Standhaftigkeit.
Der Tschernobyl-Unfall ist mehr als 35 Jahre her. Der havarierte Reaktor muss nicht mehr nachgekühlt werden. In den Rohrleitungen ist ohnehin kein Wasser mehr. Die Lüftung für den Unterdruck im Sarkophag und die Messtechnik brauchen Strom. Aber wenn sie ausfallen, passiert erstmal nichts.
Die Feuerlöschpumpen brauchen Strom. Das ist ein ernstzunehmendes Risiko, wenn irgendwo im Sarkophag ein Feuer ausbricht. Ich weiß nicht, ob die Feuerschutzpumpen notstromgesichert sind. Ich hätte das aber so gebaut. Man kann wohl davon ausgehen, dass meine Kollegen, die den Schutzcontainer konstruiert haben, nicht dümmer sind als ich.“
Es gibt dort ein Zwischenlager mit 20.000 abgebrannten Brennelementen. Geht davon eine Gefahr aus?
„Ich weiß nicht, ob das Zwischenlager auch stromlos ist, normalerweise hat es Dieselaggregate. Bei diesem Zwischenlager handelt es sich um ein gebunkertes Nasslager mit Brennelementen, die seit 20 Jahren abklingen und wenig Restwärme erzeugen.
So ein Abklingbecken sieht aus wie ein großes Schwimmbecken mit sehr sauberem Wasser und den Brennelement-Stellagen drin. Das viele Wasser braucht Tage, um sich aufzuheizen und fängt dann im Extremfall irgendwann an zu kochen, wobei es 100 °C nicht übersteigen kann, da drucklos. Es muss eventuell Wasser in überschaubarer Menge nachgespeist werden. Das könnte einer einfache Feuerwehr-Motorpumpe leisten. Freisetzung erfolgt erst mal nicht, da die Brennelemente nicht überhitzen können, solange sie unter Wasser sind.
Die Brennstäbe im Trockenlager brauchen nicht mehr nachgekühlt zu werden“.
Medien berichten, dass das Personal nicht mehr abgelöst werden kann. Wie gefährlich ist das?
„Die Arbeiten zur Umlagerung von abgeklungenen Brennelementen ins Trockenlager können beliebig lange unterbrochen werden. Handeingriffe sind kaum erforderlich.
Das Personal hat sehr überschaubare Aufgaben und kann sich auf Mindestbesetzung reduzieren, um rollierende Schichten für die Überwachung der Anlage zu gewährleisten. Dabei können sie sich gegenseitig ablösen.
Für sie besteht auch keine unmittelbare Strahlengefahr, zumal es sich um qualifizierte Arbeitskräfte mit hoher Disziplin und fundierten Kenntnissen zum Strahlenschutz handelt. Was sie wirklich brauchen, ist eine sichere und ruhige Unterkunft zum Schlafen, die Versorgung mit Lebensmitteln und den Dingen des täglichen Bedarfs. Für ihre Arbeit besteht wenig unmittelbarer Handlungsbedarf“.
Wie steht es mit dem Diebstahl von radioaktivem Material?
„Wachen für eine nukleare Anlage muss es geben, schon um Diebe fernzuhalten. Die würden aber andere Sachen als radioaktives Material stehlen. Sie könnten ohne Großtechnik auch gar kein radioaktives Material klauen. Ein gebrauchtes Brennelement kann man nicht manuell anheben, ohne strahlenkrank zu werden. Auch ist es zu schwer. Einen Trockencontainer aus Beton mit 20 Brennelementen kann man schon gar nicht stehlen.
Wer Strahlenmaterial klauen will, soll es ruhig versuchen. Niedrigradioaktiver Müll nützt ihm nichts und hochradioaktivem Material kann er sich - ohne die vorgesehene Technologie zu nutzen - gar nicht nähern. Das würde eher das Leben des Diebes gefährden.
Ich glaube, dass auch die Russen ein Interesse daran haben, das Kraftwerk und das Lager sicher zu bewachen.
Ich denke, wir können in Deutschland die Jodtabletten getrost den Strahlen-Phobikern überlassen. Es wird aber dringend abgeraten, sie prophylaktisch einzunehmen, da sie gesundheitliche Beeinträchtigungen hervorrufen können.“
Danke für dieses Gespräch, Herr Haferburg.
Das Interview führte Simon Akstinat.
Beinah vergessen: Wann endlich kommt die Impfung gegen radioaktive Verstrahlung? Und gegen Raketenbeschuß? Oder besser: universal gegen Krieg und alles Böse überhaupt? Wer könnte dann noch dagegen sein? SuperVAXX 4 Paradise!
@Harry Hirsch : “Dieser Typ von Kraftwerk wäre in keinem zivilisierten (westlichen) Land genehmigungsfähig gewesen.” Ich freue mich, dass es so viele Fachleute gibt. Leider können die sich alle nicht ausdrücken. So bleibt es ein Geheimnis, was denn genau das Problem war. Graphitmoderierte Reaktoren wurden in UK genehmigt. Oder geht es um die Wasserkühlung? Bitte schlaue statements verständlicher. Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden und gehe auch davon aus, dass der Name des Ortes falsch gewählt wurde. Pripjat, Wahnsinn. Das konnte nur schief gehen, sagt meine Wahrsagerin. Und bitte antworten sie mir in dem Stil “Wollen Sie etwa leugnenm dass ....” Danke für Ihre Mühen. Ich frage mich manchmal, ob ich noch in einem zivilisierten (westlichen) Land wohne. Von Leben kann ja keine Rede sein, ständig mit Maske und Blödsinn. Harry Hirsch, da könnte ja jeder kommen!
Jodtabletten helfen nur “gegen” radioaktives Jod 131, was meines Wissens nur im laufenden Betrieb entsteht. Gegen andere radioaktiven Isotope/Stoffe/Elemente/Verbindungen sind Jodtabletten absolut wirkungslos und eher wegen ihrer Nebenwirkungen gefährlich.
Ist es nicht interessant, wie sehr auf einmal manche dieser ehrenwerten Frau Nuland vertrauen? Wer schon würde annehmen, diese Person mit ihrem PNAC-Hintergrund könnte lügen oder manipulieren? Auch ich gehe ja von der Existenz dubioser Labore aus, in der Ukraine wie in vielen anderen Ländern. Aber Rußlands Meldungen zu diesem Thema und dann Frau Nulands Auslassungen - das war doch pures Ping-Pong-Spiel. Aber warum nur immer so mißtrauisch…—Während Biden mit seiner Erpressung der ukrainischen Regierung unverschämt prahlte, waren die Russen bei der Entführung und Vergiftung von Präsidentschaftskandidat Juschenko 2004 etwas dezenter: sie leugneten öffentlich ihre Täterschaft. Hauptsache, die Botschaft wurde verstanden. Wo nun sind die Guten?—Zur Kernkraft: Wie einige andere Kommentatoren befürchte ich, daß man gerade allzu flink von Panik zu Sorglosigkeit übergeht. Während die Wahrheit doch vermutlich auch hier eher in der Mitte liegen dürfte.
@Klaus Keller “Mancher glaubte vielleicht sogar das so ein Gebäude eine gute Deckung sein könnte. Nicht menschliche Schutzschilde, sondern eine Anlage die kein vernünftiger Mensch beschießt. Was nicht verhindert das von dort geschossen wird. Das geht mit vielen zivilen Einrichtungen. zB auch Krankenhäusern.”: Interessanter Hinweis! Aber Tschernobyl ist ortsfest. Besser wäre es, eine schmutzige Bombe als Schutzschild mitzuführen.
“Ein Kernkraftwerk, auch ein stillgelegtes, ist kein Objekt, in dem eine Kriegspartei etwas gewinnen könnte. Auch kein Plutonium. Die Russen haben mehr als genug Atombomben.”: In den 20k Brennelementen im Zwischenlager ist Plutonium. Die Reaktoren in Tschernobyl sind dafür gebaut, dass man damit besonders gut möglichst reines Plutonium-239 erzeugen kann. Man kann wohl die Reaktoren so betreiben, dass auch viel Plutonium-240 entsteht, wobei dann das Plutonium (man kann Pu-239 und Pu-240 nicht trennen, U-235 und U-238 geht) nicht mehr für Atombomben brauchbar ist. Aber warum sollten die Ukrainer das getan haben? Absichtlich auf Anweisung der IAEO, wurde das kontrolliert? Haben Sie, Herr Haferburg, Info dazu? Ob die Ukrainer die passende Wiederaufbereitungsanlage haben, um das Plutonium aus den Brennelementen rauszuholen, weiß ich nicht. Aber Selenski hatte damit gedroht, Atombomben zu bauen. Die Russen haben genug möglichst reines Plutonium-239. Aber die Ukrainer sollten es nicht haben.
Nur mal so zur Erinnerung für alle die „Tschernobyl“ mit Kernkraftwerken verbinden. Dieser Typ von Kraftwerk wäre in keinem zivilisierten (westlichen) Land genehmigungsfähig gewesen und wäre daher niemals gebaut und in Betrieb genommen worden! Nur die „Kommunisten“ in der damaligen Sowjetunion haben es fertiggebracht ein solches Konstrukt zu bauen und auch zu betreiben. Die Folgen sind bekannt! Näheres kann Herr Gerstenschloss sicherlich in einem zukünftigen Artikel der werten Leserschaft der Achse mal näher bringen.
Zu der hier von einigen Kommentator/innen geäußerten Angst vor der Atomkraft einige Anmerkungen: ich war in meinen Jugendjahren eifriger Atomkraftgegner, als unter Filbinger ein AKW in Wyhl gebaut werden sollte, wo in ein paar km Abstand schon Fessenheim stand. Ich habe Harrisburg und Tschernobyl miterlebt, sowie Fukushima, auch Seveso mit Dioxin, und das Problem war meistens nicht die Technik, sondern die Menschen und ihre Profitgier, und die Verschleierungstaktik der Regierungen und Betreiber, wenn es zu Zwischenfällen kam. Ebenso ist bis heute die Endlagerung der Abfälle weitgehend ungeklärt. Aber aus heutiger Sicht halte ich es für einen Fehler, die Technologie nicht weiter zu entwickeln und zu nutzen, mit erhöhten Sicherheitsregeln und mehr Transparenz. Zudem muß man sagen, daß gerade an den Standorten der KKW’s die Zustimmung immer hoch war, weil die Menschen z.T. dort arbeiteten und selbst sehen konnten, daß “nichts passiert”. Mein deutscher Wohnort liegt gerade 2 km von einem inzwischen stillgelegten AKW, und niemand dort hatte je ein Problem damit, oder hatte plötzlich 3 Augen oder sonstige Monströsitäten. Es gab keine erhöhte Krebsrate, nichts! Trotzdem wurden alle diese Standorte aus reiner politischer Willkür überstürzt außer Betrieb genommen, zuletzt im Januar, und eine Wiederinbetriebnahme z.T. durch Zerstörung intakter Strukturen verunmöglicht. In wenigen Jahren wird es auch niemand mehr geben, der sich noch mit dieser Technologie auskennt, weil das politisch gewollt ist, genau wie man schon an vielen Technologien sehen konnte, die von etwas Neuem ersetzt wurden. Der Motorentechnik im Automobilsektor droht dasselbe. Und sehr oft sind die Gründe der Ablehnung irrationale Ängste aufgrund falscher Vorstellungen. Aber anscheinend wollen die Deutschen in einer vorindustriellen Welt leben, Hauptsache grün, öko, und ein reines Gewissen. Heil Lastenfahrrad! Sie starben aus ,weil sie zu “gut” sein wollten, wird es einmal heißen.
Hätte der Autor: Sebastian Pflugbeil und Konstantin Tschetscherow erwähnt, wäre der Artikel seriöser geworden. Außerdem: Wenn die organisierte Kriminalität an Material kommen will hat sich eine Scheinfirma und das nötige Werkzeug. So gesehen ist der Artikel dann noch sehr naiv. Aber Dank Frau Nuland ist ja nun bekannt, daß es nicht um Strahlung sondern um Erreger geht. Ein Labor in einem alten AKW zu betreiben wäre allerdings stylish. An der Aussage Lawrows, daß etwas in der Ukraine sei, was Russland unmittelbar bedrohe dürfte etwas dran sein: Der Kreml sagt nicht mehr als er für eine Erpressung gen Amerika braucht und die USA sagen das, was sie gerade so müssen. Guter Journalismus ist mehr als das, was jeder ohnehin weiß: Das gilt auch für die Achse.
Lutz Niemann: In der evakuierten Zone von Tschernobyl ist der Strahlenpegel erhöht, er liegt im Bereich 0,1 bis 0,2 Mikro-Sievert pro Stunde. In unmittelbarer Umgebung des Unfallreaktors werden an einzelnen Stellen 10 Mikro-Sievert pro Stunde erreicht. Die evakuierte Zone wird „Todeszone“ genannt. In Flugzeugen werden in Reiseflughöhe auf unserer Breite circa 6 Mikro-Sievert pro Stunde gemessen. Warum gibt es in der „Todeszone“ Betretungsverbot, während die vielfach höhere Strahlung im Flugzeug täglich für Millionen Menschen erlaubt ist? Phantasiezahlen: Im Jahre 2006 hat man sich auf einer Tagung der IAEA geeinigt, dass der Tschernobyl-Unfall insgesamt 4.000 zusätzliche Krebstodesfälle zur Folge haben wird. Das sind herbeiphantasierte Todesopfer, die unter allen Krebstoten nicht nachweisbar sind. Wenn man die hierbei benutzte Rechnung auf die Zusatzbestrahlung bei Flugreisen anwendet, kommt man auf jährlich 5.000 virtuelle Krebsopfer weltweit durch das Fliegen, die ebenfalls nicht nachweisbar sind. Warum werden aus den einmaligen 4.000 errechneten Krebstodesfällen des Tschernobyl-Unfalls schwerwiegende Schlußfolgerungen gezogen, während für Flugreisen keinerlei Gefahren herbeiphantasiert werden?
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