Um die 60 Dezibel: Knatternde Pumpen stören die Nachtruhe an der Horlache | Rüsselsheim

2022-03-18 06:41:55 By : Ms. Anne Guo

Anwohner leiden unter den lauten Belüftungsanlagen. Die laufen 24 Stunden am Tag und werden gebraucht, um das Wasser ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen.

Rüsselsheim -Eigentlich gehört ein Haus an der Horlache zu den bevorzugten Wohnlagen in der Stadt. Direkt hinter dem Garten ein Gewässer und dahinter die Feldgemarkung. Wenn da nur der Lärm nicht wäre, über den sich einige Anwohner beschweren. Sie meinen nicht etwa den Fluglärm, sondern den Lärm einer Feuerwehrpumpe, die nach Angaben der Anwohner seit Wochen rund um die Uhr läuft. Tagsüber sei das nicht so schlimm. Aber nachts, wenn es rundherum ruhig sei, wenn der Flugverkehr zwischen 23 und 5 Uhr ruht, dann knattere immer noch die Pumpe und störe die Nachtruhe.

Michael Kirchberger gehört zu denen, die unter diesem Lärm leiden. Er habe nachts sein Fenster offen, auch in der kalten Jahreszeit, und fühle sich durch die Pumpe erheblich gestört. Betroffen seien vor allem die Bewohner in den Häusern der Hausnummern 60 bis 68 in der Matthias-Grünewald-Straße. Kirchberger spricht von einem "niederfrequenten Wummern" des Aggregates. Bei entsprechender Windrichtung waberten außerdem Dieselabgase durch das Wohnviertel.

Kirchberger will zwar ebenso wie die anderen Anwohner nicht, dass wegen des Sauerstoffmangels die Fische im Horlachgraben sterben müssen. Es sei aber fraglich, ob die Pumpe 24 Stunden am Tag laufen müsse, findet er.

Bei einem Besuch vor Ort melden sich auch weitere Anwohner zu Wort, die allerdings anonym bleiben wollen. Sie störe der Krach der Pumpe ebenfalls. Auch sie wollten nicht, dass die Fische wegen des Sauerstoffmangels eingehen. Aber es müssten andere Lösungen gefunden werden. Kirchberger schlägt eine Elektropumpe vor.

Eine Dezibelmessung mit einer Handy-App ergibt auf dem Fußweg direkt vor den Häusern tatsächlich einen Wert um die 60 Dezibel, wobei das Hauptgeräusch allerdings nicht von der Pumpe, sondern eher von der Wasserfontäne herrührt, durch die der Sauerstoff in das Becken 1 kommt.

Woher der Sauerstoffmangel im Becken 1 herrührt, ist schnell zu sehen. Ein Teil des Beckens ist mit Blättern bedeckt, die nach und nach auf den Grund sinken und dort verwittern, wie ein Angler erläutert. Wegen der heißen Sommer 2019 und 2020 sei es deshalb zu einem erheblichen Sauerstoffmangel und einem Fischsterben gekommen, weshalb die Feuerwehr nun die Pumpe aufgestellt habe.

"Das sind die Pumpen, die wir haben", heißt es dazu bei der Feuerwehr. Leisere Aggregate stünden nicht zur Verfügung. Die Feuerwehr fährt regelmäßig raus und füllt Diesel auf. Der Geräuschpegel lasse sich leider nicht reduzieren.

Die Pumpen nachts abzuschalten, sei auch keine gute Idee, sagt Tomas Hüter, der Geschäftsführer des Angelsportvereins Rüsselsheim, "denn nachts wird der meiste Sauerstoff verbraucht, da könnten wir eher tagsüber abschalten."

Doch was macht ein dauerhafter Lärm um 60 Dezibel mit den Menschen? Das Umweltbundesamt erklärte hierzu kürzlich in einem Fernsehbeitrag des RBB: "Schon ab etwa 25 dB kann beispielsweise der Schlaf oder die Konzentration gestört werden. Auf Dauer erhöht das die Anfälligkeit für Depression. Außerdem kann Lärm - je nach Situation und Wahrnehmung - vor allem auch Stress bedeuten: Ab etwa 60 Dezibel schüttet der menschliche Körper zum Beispiel die Stresshormone Cortisol und Adrenalin aus und diese erhöhen Herzfrequenz und Blutdruck." Neben dem Hormonhaushalt veränderten sich auch Stoffwechsel und Gehirnstromaktivität durch langanhaltenden Lärm.

Im kommenden Jahr sollen wohl Stromanschlüsse am Horlachbecken 1 verlegt werden, heißt es bei den Anglern und Anwohnern. Genaueres weiß wegen aber niemand. Dann könnten leisere Elektropumpen eingesetzt werden. Aber so lange wollen die Anwohner den Lärm nicht hinnehmen. Sie fordern, dass die Pumpen wenigstens zwischen 23 und 5 Uhr abgeschaltet werden.

Kirchberger hat bereits vor mehr als zwei Wochen an die Stadt geschrieben, aber bisher keine Antwort erhalten. Auf Anfrage dieser Zeitung erklärt das Presseamt in einer Mitteilung von gestern, dass eine Belüftung am Horlachgraben derzeit zwingend erforderlich sei. Das Amt für Umwelt und Klimaschutz kämpfe dort mit einer deutlichen Unterversorgung an Sauerstoff im Wasser. In der Fachliteratur würden drei Milligramm Sauerstoff als unterste Grenze für Fische angegeben, derzeit lägen die Werte bei 1 bis 1,5 Milligramm.

"Das Amt für Umwelt und Klimaschutz versucht mit der Maßnahme, ein erhebliches Fischsterben zu verhindern", betont die Stadt. Eine Belüftung erfolge derzeit an drei Standorten, nämlich in Höhe Waldschwimmbad, im Bereich TV Haßloch und an der Borngrabenschule

Wie die Stadt weiter ausführt, handele es sich bei dem zum Einsatz kommenden Gerät nicht um eine Diesel-Pumpe, sondern um mobile Lüfter, die auf eine Stromversorgung angewiesen seien. Zunächst sei diese durch Diesel-Notstromaggregate der Feuerwehr gewährleistet worden, da nur diese kurzfristig verfügbar gewesen seien. Inzwischen sei das Diesel-Aggregat in Höhe der Matthias-Grünewald-Straße abgezogen worden. Hier solle jetzt die wieder instandgesetzte stationäre Belüftungsanlage der Kita Amselstraße zum Einsatz kommen. Auch an den beiden anderen Standorten hätten die Dieselaggregate durch Schaltkästen der Stadtwerke an den Leuchten ersetzt werden können, so die Stadt. ha