Beeindruckende Brandschutz-Tests in Bad Oldesloe

2022-03-18 06:45:00 By : Mr. wenlai yang

Die Firma Minimax in Bad Oldesloe baut Sprinkleranlagen und betreibt dafür seit 50 Jahren eine Forschungsanlage – für spannende Brandschutz-Tests.

Die 320 Quadratmeter große Halle ist leer, bis auf ein Hochregal. Ein feiner Wassernebel hängt in der Luft – und der Geruch von verbranntem Sprit. Georg Baumann (53), der Mann mit der roten Feuerwehrjacke, schaut prüfend durch die Eingangstür. „Gehen wir rein.“

Baumann ist Ingenieur und er leitet die Brandversuche bei Minimax in Bad Oldesloe. Die Halle ist eigens für Versuchszwecke erbaut worden. 15 Meter hoch, mit absenkbarer Decke. „Wir testen hier Sprinkleranlagen“, erklärt Baumann. Und das geht so: Ein System von Wasserdüsen ist in der Mitte der Halle aufgebaut, drei mal drei sind in 1,85 Meter Höhe um ein Becken herum positioniert. Über dem Becken ist eine weitere Düse angebracht: Diesmal für Heizöl. „Das Heizöl wird aus einem 200-Liter-Fass außerhalb der Halle hier reingepumpt“, erklärt Baumann. „Wenn der Sprithahn aufgedreht ist, betritt ein Mitarbeiter in Brandschutzkleidung den Raum. Er hat eine Fackel dabei, um den Sprit anzuzünden, wobei eine drei Meter hohe Stichflamme entsteht, 1100 Grad heiß.“

Der Mitarbeiter heißt Sergej Gert (35). Er ist ausgebildeter Feuerwehrmann und er weiß, welche Gefahr vom Feuer ausgeht. „Es ist gefährlich“, sagt er ruhig, während er den schwarzen Schutzanzug mit Atemmaske, die gelben Sauerstoffflaschen und den gelben Helm anlegt. „Aber dafür hat man gelernt. Alles ist durchgesprochen. Man weiß, was man tut.“

Alle außer Sergej Gert gehen nun in den Zuschauerraum. Er ist aufgebaut wie ein Kino, durch große Scheiben kann man beobachten, was in der Halle passiert. „An die Scheiben sollte man nicht zu nah rangehen“, rät Baumann. „Die Hitze strahlt bis in diesen Raum ab. Die Flamme hat eine Heizleistung von sechs Megawatt, sie erhitzt die Halle auf 200 Grad.“ Der Boden der Halle werde übrigens geflutet. „Sonst würde die Hitze den Beton sprengen.“

Sprithahn auf. Durch die Glasscheibe kann man sehen, wie Sergej Gert in seinem Schutzanzug die Halle betritt, seine Fackel in Brennstoff taucht und sie dann mit einem Feuerzeug entzündet. Er hält die Fackel in den Diesel-Strahl, der augenblicklich entflammt ist, die Hitzewelle erwärmt tatsächlich den Zuschauerraum.

„Jetzt muss er rennen, um das Wasser aufzudrehen“, bemerkt Baumann. „er hat 15 Sekunden.“ Sergej Gert läuft zur Hallenwand, die Sprinkleranlage beginnt Wasser zu verrieseln. Baumann sieht auf die Stoppuhr. Fünf Minuten, länger darf es nicht dauern, bis das Feuer gelöscht ist. Ein normaler Wasserstrahl würde nicht reichen, um die Flamme zu löschen, erklärt er. „Die Düse verteilt das Wasser in feinen Tropfen, die komplett verdampfen. Das Wasser schwebt im Raum, es hat keine kinetische Energie, im Gegensatz zu einem Wasserstrahl.“ Anders als mit einem Feuerwehrschlauch, mit dem man gezielt löschen könne, werde eine Sprinkleranlage zum Beispiel bei Maschinenräumen von Schiffen oder Produktionsanlagen eingesetzt. „Die feinen Tropfen haben im Verhältnis zur Masse eine sehr große Oberfläche und können sehr schnell Wärme aufnehmen“, führt der Ingenieur aus. „Das Wasser kann schnell verdampfen und entzieht dem Feuer Hitze, es wirkt wie eine Dampflöschanlage.“ Feuer bestehe aus drei Komponenten, doziert Baumann: „Sauerstoff, Brandstoff und Hitze. Entzieht man ihm eine, ist das Feuer aus.“

So weit die Theorie. In der Praxis der Brandhalle indes brennt das Feuer nun schon sieben Minuten. „Gut, wir drehen den Sprithahn ab“, entscheidet Baumann. Der Versuch sei negativ verlaufen. „Die Düse ist ein Prototyp, wir müssen sie überarbeiten.“ Erst wenn mehrere Versuchsreihen positiv endeten, kann die Düse in die Produktion gehen, die dann ebenfalls in der Niederlassung Bad Oldesloe stattfindet.

Es seien schon viele Sprinklersystem erprobt worden, winkt Baumann ab, doch es gebe immer neue, maßgeschneiderte Einsatzmöglichkeiten: In der Industrie, in Kraftwerken, Logistikzentren und Verwaltungsgebäuden, in Krankenhäusern und Altenheimen. In Hochhäusern seien die Anlagen ebenso einsetzbar, doch scheitere dies oft an den Kosten von rund 20 Euro pro Quadratmeter.

Brand- und Flammenmelder dagegen seien heute Standard, auch sie werden von Minimax entwickelt. „Da geht es darum, dass die Systeme ein Feuer oder eine Hitzeentwicklung möglichst schnell erkennen und reagieren.“

Um spezielle Bedingungen zu erproben, betreibt Minimax noch weitere Testanlagen, zum Beispiel einen Funkentester. Das ist eine Röhre, in der Funken, die etwa bei der Lockerung von Baumwolle durch ein Gebläse entstehen können, punktgenau erkannt und gelöscht werden. Ein anderer, kleinerer Raum kann für eine Brandsimulation beispielsweise mit Büromöbeln bestückt werden. In einem weiteren Raum wird mit rasterförmig auf dem Boden verteilten, kleinen Tanks die Verteilung des Löschwassers gemessen.

Nicht nur Wasser, auch andere Löschmethoden werden erprobt. Vor der Halle steht ein großer Tank mit 15 000 Litern Kohlendioxid, das auf minus 20 Grad gekühlt ist. Das wird im Notfall in die Halle gepumpt, um dem Feuer den Sauerstoff zu entziehen. Auch ein Argontank ist vorhanden. Denn, so Baumann, Kunststoffbrände zum Beispiel könne man nicht mit Wasser löschen. Dazu dient dann das Argon, ein aus der Umgebungsluft gewonnenes Edelgas. Und falls die Halle einmal so heiß werden sollte, dass die außenliegende Stahlträgerkonstruktion gefährdet sein könnte, kann das komplette Gebäude von außen in einen feinen Wassernebel gehüllt werden.

Wirksame Technik, die 2009 eingebaut wurde, als das Brandhaus neu errichtet wurde. „Das erste Brandhaus stand hier 1968“, erklärt Minimax-Sprecherin Annika Westphal (40). Das ist nun genau 50 Jahre her. Zwei Jahre zuvor wurde der Minimax-Standort Bad Oldesloe gegründet, der heute zusammen mit der Service-Außenstelle in Reinfeld 800 Mitarbeiter zählt. Von Anfang an wurden in Bad Oldesloe Sprinkleranlagen gebaut und getestet. „Wir haben nahezu das komplette Gebäude mit Brandschutz ausgestattet“, sagt Annika Westphal. Auch die neue Seilbahn an der Zugspitze und das größte Hochregallager aus Holz in Lorsch (Südhessen) wurden von Minimax gegen Feuer gesichert.

Und ob es wirklich funktioniert, das wurde zuvor jeweils in der Brandhalle in Bad Oldesloe getestet. Das Hochlager brannte. „Bei einem anderen Versuch wurden 80 Tonnen Papier in Rollen gestapelt und in Brand gesetzt“, sagt Baumann.

Auch Stapel von Autoreifen wurden angezündet und gelöscht. Für den Ingenieur und seine Mitarbeiter Alltag. Jährlich nehmen sie 150 Brandversuche vor. Spannend ist es jedes Mal. Baumann zuckt die Achseln. „Das ist unser Job.“

Neben der Zentrale in Bad Oldesloe hat Minimax 20 Niederlassungen in ganz Deutschland. Feuerlöscher werden seit 1991 in Bad Urach (Baden-Württemberg) produziert. 1904 wurde das Brandschutz-Unternehmen von Wilhelm Graaff (1872-1931) in Berlin gegründet, der sich zuvor die „Minimax-Spitztüte“, einen von ihm erfundenen Feuerlöscher, patentieren ließ. Seit 2014 gehört Minimax Viking zur dänischen Kirkbi-Gruppe, die auch den Spielwarenhersteller Lego kontrolliert.

Spektakuläre Brandversuche: Für ein Forschungsprojekt zur Untersuchung von Brandstörfällen in Chemikalienlagern wurden historische Großbrandversuche ausgewertet sowie Versuche ohne Löschanlage vorgenommen. Das schnellste Feuer in der Minimax-Versuchshalle entstand bei einem Versuch mit auf Rollen stehendem Polystyrol-Schaum. Von der Zündung bis zur Auslösung des ersten Sprinklers dauerte es 18 Sekunden.

Elbphilharmonie: Minimax installierte in der Hamburger Elbphilharmonie zwei Vorratsbehälter, drei Überwachungszentralen, vier Sprinklerpumpen, sechs Hydrantenpumpen, 23 Alarmventilstationen, 120 Zonechecks, 195 Hydrantenschränke, 13 000 Sprinkler, 16 200 Meter Haupt- und Verteilerleitungen und 41 000 Meter Strangleitungen. Der Bvfa–Bundesverband Technischer Brandschutz e.V. verlieh dafür den „Sprinkler Protected“-Award.

Die Zukunft: Minimax engagiert sich heute bei der Erstellung von Schutzkonzepten für moderne technische Risiken: Etwa bei der Energiespeicherung oder der Integration der Löschanlagen in digital gesteuerte Anlagen. Auch großflächige Brandfrüherkennung bei Recyclinganlagen spielt eine Rolle.