Offenbach: Am Kaiserlei entsteht eine der größten Geothermieanlagen

2022-07-01 21:47:23 By : Ms. Chris Lu

Das derzeit größte Wohnbauprojekt in der Stadt kann mit einem weiteren Superlativ aufwarten: Zur Wärmeversorgung der Neubauten im Vitopia Campus am Kaiserlei, wo bis 2022 in und um die ehemaligen KWU-Hochhäuser mehr als 800 Wohnungen entstehen, wird eine der größten Geothermieanlagen Deutschlands gebaut.

Offenbach – Die Arbeiten dazu verlaufen eher unspektakulär. Zur Sicherung der Kälte- und Wärmeversorgung des künftigen Wohnquartiers ist unter anderem geplant, 133 Sonden in bis zu 125 Metern Tiefe zu installieren. „Hinzu kommen Wärmepumpen, die durch fünf zusätzliche Photovoltaikanlagen eigenversorgt werden“, erläutert Daniel Nolte, Geschäftsführer der Berliner CG Netz-Werk GmbH. Das Unternehmen wurde vom Vitopia-Bauherrn CG-Gruppe AG zusammen mit dem Energiedienstleister GASAG gegründet. Es entwickelt und betreut die Energiekonzepte sämtlicher Bauprojekte der bundesweit tätigen CG-Gruppe.

Einen einstelligen Millionenbetrag stecken die Berliner in das Offenbacher Vorhaben. Begonnen haben die Arbeiten im November 2018. Im ersten von drei Bauabschnitten wurden 20 Bohrungen mit einer Tiefe von jeweils 100 Metern zu Erdwärmesonden ausgebaut. Der eigentliche Bohrkopf hat einen Durchmesser von gerade mal 16 Zentimetern.

Die Sonden müssten im jeweiligen Bauabschnitt vor Gründung der Bodenplatte eingebracht sein, so Nolte. Die Nutzung von Erdwärme durch eine Geothermieanlage mit einem Erdsondenfeld zählt nach Angaben des Geschäftsführers zu den energieeffizienten und ökologisch nachhaltigen Energielösungen. Nolte: „Insbesondere lassen sich große Mengen CO2 einsparen im Vergleich etwa zur Fernwärme.“ Gleichwohl geht es nicht ohne konventionelle Technik. Um die Wärmeversorgung auch in Spitzenlastzeiten zu gewährleisten,ist am Kaiserlei ein zusätzlicher Fernwärmeanschluss vorgesehen.

Daniel Nolte erklärt, wie das mit der Geothermie funktioniert: Eine solche Anlage besteht im Wesentlichen aus Erdwärmesonden, Wärmepumpe sowie einem Heiz- und Kühlsystem. Dabei nutzt man das natürliche Temperaturniveau des Untergrunds am Standort (etwa 13 ˚C). Mit Hilfe einer Wärmepumpe wird es auf die Temperatur des Heizsystems angehoben. „Die Funktionsweise der Wärmepumpe kann am besten mit der eines Kühlschranks vergleichen“, sagt Nolte. Während der den Lebensmitteln die Wärme entziehe und diese ungenutzt in den Raum abgebe, entziehe die Pumpe dem Untergrund die Wärme und gebe sie an das Heizsystem ab. Das funktioniert aber auch andersherum: „Im Sommer kann die Wärmepumpe dem Raum Wärme entziehen, als kühlen, und diese Wärme in den Boden abgeben“, so Nolte.

Die Erdwärmesonden werden in den Bohrungen senkrecht in den Untergrund eingebracht. Die Sondenrohre bestehen meist aus Polyethylen und man baut sie unmittelbar nach Fertigstellung der Bohrung ein. Das Ganze wird danach verfüllt und verpresst. In den Sonden zirkuliert in der Regel ein Wasser-Glykol-Gemisch, das dem Boden beim Durchströmen Wärme entzieht.

Aufgrund der Tatsache, dass man die Bohrlöcher sofort wieder dicht macht, hält Daniel Nolte es auch für technisch widerlegt, dass die Arbeiten für die Geothermieanlage ursächlich für Setzrisse an benachbarten Häusern in Wolfram- und Willemerstraße sind. „Das mit den Setzrissen ist für die Betroffenen ein Drama. Aber wie Fachleute bei einem Treffen mit den Anwohnern ausgeführt haben, sind die Schäden wohl auf den trockenen Sommer 2018 zurückzuführen.“

Das hessische Genehmigungsverfahren für die Anlage war laut Nolte im Vergleich zu anderen Bundesländern zwar umfangreich, lief aber problemlos. Federführend für das Großprojekt war die beim Regierungspräsidium angesiedelte Bergbehörde. Stellungnahmen mussten unter anderen das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie, die Stadt Offenbach, Hessen Mobil und der Regionalverband abgeben. Nolte: „Alle Beide Anträge wurden vor Beginn der Arbeiten positiv beschieden.“

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