Foto: James Morgan/Robertharding/laif
Beim Blick auf die grüne Landschaft von Rajanganaya, einem Distrikt im Norden Sri Lankas, in der die Hibiskusblüten aus dem sattgrünen Laub hervortreten und die Mangobäume bereits frühe Früchte tragen, ist es schwer vorstellbar, dass ein solches Paradies ein Armenhaus sein kann. Doch für viele, die dieses Land seit Jahrzehnten mit Reis und Bananen bewirtschaften, war das vergangene Jahr das härteste ihres Lebens. „Wenn sich das fortsetzt, wird es in Zukunft schwer sein, noch einen einzigen Bauern in Sri Lanka zu finden“, sagt die 34-jährige Niluka Dilrukshi, der mehrere Reisschläge gehören.
Sri Lanka hat in diesen Monaten mit der schlimmsten Wirtschaftskrise seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1948 zu kämpfen. Die Devisenreserven befinden sich auf dem niedrigsten Stand aller Zeiten, was von vielen als die Folge eines groben wirtschaftlichen Missmanagements durch die Regierung in Colombo gesehen wird. Es gibt kaum jemanden auf dieser südasiatischen Insel, der in den vergangenen Wochen nicht unter dem Zugriff einer katastrophalen Inflation gelitten hat. Und der sein Leben ändern musste, um mit Treibstoffknappheit, dem Mangel an Nahrungsmitteln und Medikamenten zurechtzukommen.
Für die Bauern Sri Lankas begann die Misere vor einem Jahr im April, als Präsident Gotabaya Rajapaksa, dem mittlerweile vorgeworfen wird, das Land in den finanziellen Ruin getrieben zu haben, ein plötzliches Verbot von chemischen Düngemitteln erließ. Welche Folgen das hatte, wird erst jetzt deutlich. Reisbauern sagen unumwunden, dass ihre Lebensgrundlage bedroht sei. Dies geschieht zum ersten Mal in der modernen Geschichte Sri Lankas, das normalerweise Reis und Gemüse im Überfluss erntet. Doch mittlerweile sinken die Ernteerträge derart, dass die Regierung auf Lebensmittelimporte umschalten müsste, wenn sie denn könnte. Doch dafür fehlen die Devisen. Der Reisertrag sank von 3,4 Millionen Tonnen im Jahr 2020 auf 2,9 Millionen Tonnen im Vorjahr. Im Regierungsviertel von Colombo sind Warnungen vor einer unmittelbar bevorstehenden Hungersnot für die 22-Millionen-Bevölkerung zu hören.
„Wir sind ein tropisches Land voller Reisfelder und Bananenplantagen. Aber wegen dieses dummen Düngerverbots haben wir jetzt nicht einmal mehr genug für uns selbst zu essen“, klagt der 52-jährige Rajith Keerthi Tennakoon, früher Gouverneur der südlichen Provinz. „In der Vergangenheit hatten wir Wirtschafts- und Sicherheitskrisen, aber in der gesamten Geschichte Sri Lankas gab es noch nie eine Ernährungskrise.“ Gemeint ist der bisher übliche Gebrauch chemischen Düngers, der durch eine Politik zur Förderung einer biologischen Landwirtschaft abgelöst werden soll – auf den ersten Blick ein lobenswerter Ansatz. Doch die jähe, wenig durchdachte Art und Weise, wie das faktische Verbot verkündet wurde – praktisch über Nacht, ohne jede Vorwarnung –, hat selbst Befürworter der ökologischen Landwirtschaft verärgert. Vor dieser Umkehr hatten mehrere Regierungen die große Abhängigkeit der Bauern von chemischen Düngemitteln regelrecht gefördert.
Ein Bauer erhielt pro Jahr Hunderte von Kilogramm, subventioniert. Nachdem das jahrzehntelang Praxis war, haben – von wenigen Landwirten abgesehen – die meisten keine Ahnung, wie man einen erfolgreichen ökologischen Landbau betreibt. Aus Protest weigerten sich seit den Beschlüssen der Regierung viele, weiter Reis anzubauen. Es herrscht die Überzeugung vor, diese Politik werde verfolgt, um Auslandswährung einzusparen. Andere glauben, sie sei Teil einer böswilligen Agenda, ein unzumutbarer Eingriff der Regierung in das Leben der Bauern. „Es gab keinen wirklichen Plan, keine Schulung oder Ausbildung. Daher glauben viele Bauern, dass es ein verstecktes Motiv gibt“, meint Vimukthi de Silva, der in Rajanganaya bereits eine ökologische Landwirtschaft betreibt. „Vor dem Düngemittelverbot hatte die Regierung ohne Erfolg versucht, Anbauflächen zu kommerzialisieren. Diese gelten als das größte ökonomische Potenzial des Landes. Daher sind viele von uns davon überzeugt, dass die Farmer dazu gebracht werden sollen, ihr Land zu verlassen und so einen nie da gewesenen Landraub zu ermöglichen.“
In der Region Rajanganaya bestellen die meisten Landwirte häufig nicht mehr als einen Hektar. Was es unter diesen Umständen bedeutet, dass der Ernteertrag um 50 bis 60 Prozent schrumpft, liegt auf der Hand. Im April gingen daher Hunderte Bauern der Gegend auf die Straße und forderten Präsident Rajapaksa zum Rücktritt auf. „Vor dem Düngerverbot war das hier einer der größten Märkte des Landes, auf dem tonnenweise Reis, Gemüse und Bananen zu haben waren“, erzählt Vimukthi de Silva. „Danach ging das Angebot auf fast null zurück. Fragt man die Reismühlen, dann haben sie nichts auf Lager, weil sie von den Bauern kaum etwas beziehen, was sie verarbeiten können. Das Einkommen einer ganzen ländlichen Gemeinschaft hier ist daher auf ein extrem niedriges Niveau gesunken.“
Sein Leben lang hat der 55-jährige Bauer Sarah Dharmasiri Linsenbohnen und Reis auf etwas mehr als einem Hektar Land angebaut. Das reichte, um seine Familie zu ernähren und den Rest auf dem Markt zu verkaufen. Dadurch ließ sich das für ihn nötige Einkommen erzielen. Ohne den gewohnten chemischen Dünger jedoch schrumpft sein Ertrag dermaßen, dass er nur noch für die Eigenversorgung anbaut und so gut wie nichts übrig bleibt, was sich auf den Markt bringen ließe. Zuvor schon war der Preis für die Pestizide, die er für die Linsenbohnen brauchte, so stark gestiegen, dass er sich gezwungen sah, zu einem hohen Zinssatz Geld zu leihen, um sich den Dünger überhaupt noch leisten zu können. Bei der letzten Ernte fehlte der Gewinn, um die Schulden zurückzuzahlen. Seither verdingt er sich als Tagelöhner. „Ich glaube nicht, dass ich eine eigene Landwirtschaft wieder aufnehmen kann. Wir haben etwas Obst und Gemüse im Garten. Damit können wir für den Augenblick noch überleben. Aber ich sehe eine Zeit voraus, in der wir an Hunger leiden.“ Fast alle Bauern berichten Gleiches. Sie hätten in der vergangenen Erntesaison kaum etwas von ihrem Reis oder Gemüse abgeben können, sondern alles für den Eigenverbrauch behalten. Diese Entscheidung führte zu einem Unterangebot. Es fehlte, was normalerweise den Rest des Landes ernähren soll. Das trieb die Verbraucherpreise nach oben und heizte eine bereits hohe Inflation weiter an.
Verschärft wird die Versorgungskrise des Landes durch eine Geldentwertung im gesamten südasiatischen Wirtschaftsraum. Auch hier sind Folgen des Krieges in der Ukraine spürbar, wenn die Preise für Treibstoff, Pestizide und Dünger unablässig steigen. Es hat sich verdreifacht, was gegenwärtig für Saatgut in Sri Lanka zu zahlen ist. Viele Bauern, die früher Land für den Anbau pachteten, haben auch deshalb für die kommende Saison davon Abstand genommen. Überdies brauchen die Landwirte Diesel für ihre Traktoren, doch ist der nur noch in Maßen vorhanden. 24 Stunden und mehr mit dem Fahrzeug in der Schlange stehen, um aufzutanken, das ist seit März die Regel. So sehen sich viele von denen, die noch Reis anbauen wollen, gezwungen, sehr spät damit zu beginnen, was weniger Ertrag bedeuten kann. Dazu kommen Stromausfälle am Tag, die oft mehr als acht Stunden dauern. Dadurch stehen Pumpen still, die Wasser in höher liegende Anbaugebiete bringen. Je länger Gemüsefelder nicht bewässert werden, desto gefährlicher ist die Austrocknung der Böden, umso unwiderruflicher gehen Pflanzenkulturen verloren. Wenn dann noch ein Teil der Reisernte verdirbt, weil er wegen Stromausfällen nicht rechtzeitig verarbeitet wird, kann das getrost als Katastrophe bezeichnet werden.
Mitte April verkündete Premierminister Mahinda Rajapaksa, ein Bruder des Präsidenten, er wolle die Düngersubventionen für die Bauern wieder einführen. Aber das traf bei vielen auf Skepsis: Wir wissen, dass sie nicht genug Dollar haben, um Dünger zu kaufen, heißt es allenthalben. Sie denken, die Bauern ließen sich mit falschen Versprechen austricksen. Der 49-jährige Piyasiri Atalugama hat den Großteil seiner Bananenernte verloren, weil auch bei ihm der Ertrag sehr stark von chemischem Dünger abhängt. 150.000 Rupien (etwa 400 Euro) hat er eingebüßt und entschieden, vorerst nicht mehr anzubauen. „Ich habe Wahlkampf für Gota gemacht, der von uns Bauern einst unterstützt wurde“, sagt er zum Thema Präsident Gotabaya Rajapaksa. „Ich fühle mich betrogen, wenn ich sehe, was er uns angetan hat.“ Am 9. Mai verkündete Mahinda Rajapaksa seinen Rücktritt als Premier. Sein Bruder, Präsident Gotabaya, aber bleibt im Amt – vorerst.
Hannah Ellis-Petersen ist Korrespondentin des Guardian in Südasien
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Mit ihren Vorstellungen von »neuer Moral« und der »freien Liebe« war Alexandra Kollontai ihrer Zeit voraus. Sie selbst bezeichnete sich als sexuell emanzipierte Kommunistin, die das Schicksal von Frauen zum Sozialismus geführt habe. Alexandra Kollontai kämpfte in der Russischen Oktoberrevolution und wurde 1917 Volkskommissarin für soziale Fürsorge
Thementage Termine: 19. – 22. Mai 2022 Veranstaltungsort: Haus der Kulturen der Welt (HKW) | Berlin
Woraus besteht das neue Erdzeitalter? Lässt sich der Beginn des Anthropozäns nachweisen? Die vier Thementage „Unearthing the Present“, die im Rahmen des Langzeitprojekts „Evidenz & Experiment“ stattfinden, verbinden die geologische Gegenwartsanalyse mit der Frage nach sozialen und politischen Handlungsmöglichkeiten auf einem Planeten im Umbruch...
Drama, Historie Deutschland 2021 125 Minuten Ab dem 12. Mai im Kino!
1928: Ljowuschka wird als Trotzki-Darsteller für einen Film von Eisenstein gecastet. Seine Träume vom Künstlerleben platzen, als Trotzki bei Stalin in Ungnade fällt. Jetzt steckt er an einem deutschen Badeort fest, wo er Octavia Flambow-Jansen kennenlernt. Eine Romanze bahnt sich an – dumm nur, dass in der Gegend Vampire ihr Unwesen treiben...
Bis 6. November 2022 In den Worpsweder Museen | Barkenhoff, Große Kunstschau, Worpsweder Kunsthalle und Haus im Schluh „Heinrich Vogeler – Aus dem Leben eines Träumers“ läuft ab dem 12. Mai im Kino!
2022 steht das Künstlerdorf Worpswede ganz im Zeichen Heinrich Vogelers. Die vier Worpsweder Museen – Barkenhoff, Große Kunstschau, Haus im Schluh und Worpsweder Kunsthalle – würdigen den Universalkünstler mit einer Gemeinschaftsausstellung, die sein Leben und alle Werkaspekte und -phasen in einer faszinierenden Zusammenschau erlebbar macht...
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>>Ohne den gewohnten chemischen Dünger jedoch schrumpft sein [Bauer Sarah Dharmasiris] Ertrag dermaßen, dass er nur noch für die Eigenversorgung anbaut und so gut wie nichts übrig bleibt, was sich auf den Markt bringen ließe. Zuvor schon war der Preis für die Pestizide, die er für die Linsenbohnen brauchte, so stark gestiegen, dass er sich gezwungen sah, zu einem hohen Zinssatz Geld zu leihen, um sich den Dünger überhaupt noch leisten zu können.<<
Schon wieder ein Artikel im Freitag, in dem eine Landwirtschaft ohne chemischen Dünger und Pestizide nicht denkbar sei und zu Hungersnöten und Armut führe. Sind es nur noch die Bekloppten und Egoisten des reichen Westens, die von Bio-Landwirtschaft träumen?
Boden, der nur mit Kunstdünger bewirtschaftet wird, verliert seine ursprünglichen Fähigkeiten. Schon 2013 schrieb der Spiegel mit Bezug auf den WWF darüber:
>>Dünger führe nur zu sehr kurzfristigen Ertragssteigerungen, sagte WWF-Referentin Birgit Wilhelm. Gleichzeitig zerstöre er die Böden: Stickstoffdünger etwa lasse sie sauer werden und hemme dadurch das Pflanzenwachstum. Da gleichzeitig Humus abgebaut werde, sei der Boden nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen versorgt.<<
Der Artikel beschreibt doch recht gut, dass der "kalte Entzug" das Problem darstellt. Heute Morgen konnte man lesen, dass die Bayer AG ihre Gewinne mit Dünger und Saatgut recht kräftig steigern konnte. Und genau hier liegt der Hund begraben. Solche Konzerne bringen die Bauern weltweit in Abhängigkeit. Zum Saatgut x braucht es zwingend den Dünger y und das Pestizit z, sonst wird das nichts mit den Erträgen.
Ganz aktuell drängt der Deutsche Industrie- und Handelskammertag auf den Abschluss des EU-Mercosur-Abkommen. Jetzt ist ja immerhin Krieg und da liegen so viele Geschäfte brach, da muss man auf die Natur sch... und endlich mal Butter bei die Fische geben. Die Profite müssen steigen, nach uns die Sintflut.
Und wer bereit ist, bei Kopfabschneidern Gas zu kaufen, wird auch bereit sein, das letzte Stückchen Urwald zu roden. Aber Tante Erna mit ihren 600 EUR Rente soll die Heizung herunterdrehen. Aber der Großteil der Bevölkerung findet das gut und so wird kommen, wie es kommen muss. Die Geschichte hält genügend Beispiele bereit.
Der in der Überschrift angedeutete – und im Text als durchziehender ‚roter Faden‘ verfolgte – direkte Ursache-Folge-Zusammenhang zwischen Kunstdünger-Beschränkung und möglicher Hungersnot in Sri Lanka ist eine irreführende Verkürzung und bietet daher falsche Schlüsse als mögliche Folgerung an.
Der wichtigste Punkt in der Betrachtung von Asiens kleinbäuerlicher Wirtschaft über die letzten Jahre ist die Tatsache, dass sie durch Covid19 schwer beschädigt wurde, wie der gesamte semi-informelle Sektor überhaupt.
Kaum einer der kleinen Familienbetriebe hängt nur von Ackerbau und Viehzucht ab, die meisten Familien haben eine oder mehrere Personen, die im Tourismusbereich oder z.B. in der urbanen Industriemanufaktur arbeiten, aber wesentlich zum Gesamteinkommen der Familie auf dem Land beitragen.
Überall in Asien ist der Tourismus fast völlig kollabiert und Betriebe in vielen Sektoren wurden geschlossen. Die gesamte Transport-Infrastruktur kam weitgehend zum Erliegen und erholt sich nur langsam, und unter veränderten Rahmenbedingungen.
Als Folge haben sich die bereits geringen Einkommen in den untersten Gesellschaftsklassen weiter reduziert, und die Armut in den Familien hat sich wesentlich erhöht.
https://en.wikipedia.org/wiki/COVID-19_pandemic_in_Sri_Lanka
Das Lebensmittelsystem Sri Lankas besteht aus lokal produzierten (78 %) und importierten (22 %) Nahrungsmitteln, und war sehr anfällig fier die Covid19-Folgen. Die einheimische Produktion von wichtigen Nahrungsmitteln wie Reis, Fleisch, Eiern, Fisch, Gemüse und Obst macht mehr als 88 % des Gesamtangebots aus. Viele wichtige Lebensmittel wie Weizen und Fischkonserven (100 %), Hülsenfrüchte (87 %), Zucker (85 %), Pflanzenöl (79 %), Zwiebeln und Kartoffeln (70 %) und Milchprodukte (53 %) werden jedoch importiert.
Das ordnungsgemäße Funktionieren der Lebensmittelversorgungsketten und des Lebensmittelflusses sind daher Schlüsselelemente der Lebensmittel- und Ernährungssicherheit.
Viele dieser Versorgungsketten sind weitgehend beschädigt oder zerstört.
https://www.lankabusinessonline.com/opinion-building-a-resilient-food-system-in-sri-lanka-in-an-age-of-pandemic/
Building a resilient food system in Sri Lanka in an age of pandemic
Für Sri Lanka und weite Teile Asien gilt: Kunstdünger und Reis sind immer Politik. Chemische/anorganische Düngemittel wurden 1950 in Sri Lanka eingeführt, davor wurden nur organische Düngemittel verwendet. Das Hauptziel des Subventionsprogramms für Düngemittel besteht darin, die Landwirte zum Anbau ausgewählter Sorten zu ermutigen, um die Selbstversorgung mit Reis zu erreichen und die Exportorientierung zu fördern; Voraussetzung dafür ist die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität. Derzeit wird der größte Teil des benötigten anorganischen Düngers importiert.
https://en.wikipedia.org/wiki/Rice_production_in_Sri_Lanka
Mittlerweile beeinträchtigt die Bodenkontamination durch chemische Einträge die Ernährungssicherheit, die menschliche Gesundheit (durch die Verunreinigung von Nahrungsmittelpflanzen) und die Umwelt. Sie hat auch wirtschaftliche Auswirkungen, da die Ernteerträge und die Produktion auf den ausgelaugten Böden zurückgehen. Dies wird versucht, durch immer mehr und neue chemische oder biologisch modifizierter Agrartechnologie zu umgehen.
Da der Boden eine endliche Ressource ist, kann sein Verlust und seine Verschlechterung innerhalb der menschlichen Lebensspanne nicht wieder aufgeholt werden.
In Sri Lanka bemühen sich die Regierung und die Landwirte um eine gemeinsame Lösung für die Bodenverschmutzung. Auch die FAO unterstützt die aktive Beteiligung aller Beteiligten an der Einführung umweltfreundlicher landwirtschaftlicher Praktiken in einigen der am stärksten geschädigten landwirtschaftlichen Gebiete des Landes.
Die überwiegende Mehrheit der Landwirte setzt wahllos Düngemittel und Agrochemikalien ein, was zu einer zunehmenden Umweltverschmutzung wie Bodenverunreinigung und Verschmutzung von Oberflächen- und Grundwasserquellen führt, die sich auf die menschliche Gesundheit auswirken.
Der übermäßige Einsatz von Düngemitteln gefährdet auch die Gesundheit der Pflanzen, da er die Aufnahme bestimmter Nährstoffe durch die Pflanzen erschwert. Ein Mangel an Pflanzennährstoffen führt zu schwachen und verkümmerten Pflanzen, während Pflanzen mit einem Überschuss an Nährstoffen anfällig für Schädlingsbefall sind, was zu einem vermehrten Einsatz von Pestiziden führt, die den Boden verschmutzen.
Daher ist eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Bodennährstoffe notwendig, damit die Pflanzen schneller und stärker wachsen und höhere Erträge erzielen.
Rehabilitierung degradierter landwirtschaftlicher Flächen ist notwendig, um die Anfälligkeit gegen Bodenerosion zu reduzieren. Wenn es regnet, werden der Bewässerungssysteme schlammig, in der Trockenzeit sind diese dann mit Schlamm gefüllt und es gibt nicht genug Wasser. Bodendegradation durch Bodenerosion und Abnahme der Bodenfruchtbarkeit ist ein besonders großes Problem im zentralen Hochland von Sri Lanka, wo sich 50 % der landwirtschaftlichen Flächen in einem schlechten Zustand befinden.
https://www.fao.org/srilanka/news/detail-events/en/c/1173507/
Soil Pollution: a danger lurking beneath our feet
Seit 2019 setzte sich Präsident Gotabaya Rajapaksa für die Abschaffung künstlicher Eintraege und deren Subventionen ein. Im April 2021 "erklärte er, dass das gesamte Land sofort auf ökologischen Landbau umgestellt werden würde", doch im Februar 2022 gab immer noch "eine Mehrheit der Landwirte an, dass sie keinerlei Ausbildung in ökologischen Techniken erhalten haben". Die Reisernte 2021 fiel aus, was zu einem Nothilfeprogramm mit Reis-Import führte.
Rajapaskas Hinwendung zum ökologischen Landbau wird seitdem in den internationalen Medien heftig kritisiert, wobei der Fokus auf die Reduzierung des künstlichen Düngers als zentrale Ursache für die Misere dargestellt wird, als scheinbarer Beweis der Nutzlosigkeit des ökologischen Landbaus insgesamt.
In einem USDA-Bericht aus dem Jahr 2021 über die Umstellung des Landes auf ausschließlich ökologische Praktiken wird vorhergesagt, dass "der Mangel an Produktionskapazitäten für organische Düngemittel in Verbindung mit dem Fehlen eines formalisierten Plans für den Import von organischen Düngemitteln anstelle von chemischen Düngemitteln potenziell negative Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit haben könnte".
Und genau das ist passiert.
Zusammengefasst, liegen die Gründe für die Verschlechterung der Situation im Landbau Sri Lankas hauptsächlich in
o den vergangenen und fortbestehenden Folgen und Auswirkungen von Covid 19 auf die Familienbetriebe, und
o einem völlig unzureichenden Konversionsprogramm zum Umstellen der bäuerlichen Produktion auf der Basis von Kunstdünger hin zum Organischen Landbau,
hier vor allem dem Fehlen von organischen Düngemitteln als rechtzeitig verfügbare Alternative, und
völlig unzureichender Vorbereitung, Planung, Training der Bauern (und der subnationalen Agrar-Institutionen) in der neuen ökologischen Praxis.
Beide Punkte sind auch von sehr großer Bedeutung für eine transformatorische Agrarpolitik in Deutschland.
https://www.ahealthierworld.jhu.edu/assessing-food-security-status-among-urban-rural-vulnerable-groups-sri-lanka-during-covid-19
https://www.dw.com/en/sri-lanka-covid-economic-crisis-cause-food-shortages/a-59078406
https://www.dw.com/en/whats-behind-sri-lankas-economic-crisis/a-61281707
Man.f.red, darf ich anregen, Deine preiswürdige Analyse, welche auch wie Du schreibst Rückschlüsse auf die hiesige überfällige Transformation zulässt, der Umweltministerin Lemke zu übermitteln?
Die weltweite Zerstörung des Bodens - wie die fortschreitende Vermüllung der Meere - machen jenseits der heraufziehenden Hitze (Indien z.Zt) deutlich, wie die "mächtigen Vier" (USA, CHINA, RUSSLAND und EU) nicht erkennen wollen, dass Homo sapiens als Auslaufmodell seine eigenen Lebensgrundlagen zerstört.
Sollte nicht das ministerielle Dreigestirn (Habeck, Lemke und Schulze) einen ALERT-Antrag an den Sicherheitsrat stellen, dem durch den G7-Vorsitz des Kanzlers gewiss die notwendige Aufmerksamkeit zuteil würde? Wer sonst könnte das kranke System sonst "wachrütteln"? Meine Anregung mag naiv erscheinen. Doch gepaart mit den - wirklich - großen internationalen Zeitungen im Verbund müsste doch ein Effekt zu erreichen sein, der den "gemeinsamen Weg in den Abgrund" (Glasl) stoppt?
Gestern nach der Tagesschau brachte ARTE TV drei Sendungen zur expandierenden Entwicklung China, die greifbar in die Fußstapfen der USA treten wollen und deren Fehler wiederholen.
Jenseits Putins Krieg in der Ukraine, der ganz im geopolitischen Interesse der USA mit der Schwächung etc. auch von D und R seine Verheerungen zeitigt, damit God´s Old Country den "Rücken" frei hat, für den nächsten Krieg im Westpazifik, frage ich mich:
Ist die Menschheit auf dem Weg in die 9. Stufe der Konflikteskalation: "Gemeinsam in den Abgrund" ?
Vielen Dank, @mardi51a, für Deine Anregungen.
„Die weltweite Zerstörung des Bodens - wie die fortschreitende Vermüllung der Meere - machen jenseits der heraufziehenden Hitze (Indien z.Zt) deutlich, wie die "mächtigen Vier" (USA, CHINA, RUSSLAND und EU) nicht erkennen wollen, dass Homo sapiens als Auslaufmodell seine eigenen Lebensgrundlagen zerstört.“
Tja, das ist der augenblickliche Stand der Dinge…
Die Kontaktseite des BMUV werde ich nutzen. Merci.
Den ganzen Themenkomplex in den UNSC oder die UNVV zu bringen, wäre natürlich eine tolle Sache.
Ist das Routing durch die G7 – trotz aller vermuteten Naivität – der beste praktische Ansatz?
Wäre die G20 eine andere Option? Oder wie, oder was …
Guterres kommt von der UNHCR. Die deutsche UNHCR sitzt in Nürnberg.
China trägt einen Masterkey für die Zukunft am Schlüsselbund.
Konstruktive ‚Klima-Kommunikationskanäle‘ wären sicher sinn- und wertvoll für alle Seiten; das würde gegen den gemeinsamen Abgrund vielleicht etwas helfen ...
… kennst Du das da … etwas zum Spielen …
https://www.muntum.org/model-united-nations-in-munich
https://www.g7germany.de/g7-de
https://g20.org/g20-presidency-of-indonesia/#priorities
https://www.unbonn.org/un-organizations-in-germany
Wie immer bist Du bestens informiert und vernetzt. Gerade herausragend prädestiniert als Schaltstelle, um von "unten" nach "oben" Wissen, Erkenntnisse und Ideen zu transportieren.
https://www.buergerrat.de/aktuelles/eu-zukunftskonferenz-fuer-buergerraete/
https://www.buergerrat.de/aktuelles/zehn-empfehlungen-fuer-die-zukunft-europas/
Im Lichte dieser Debatte hat der Exekutivausschuss seinen Abschlussbericht für die Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rates der EU und der Europäischen Kommission erstellt, die sich am 9. Mai 2022 in Straßburg mit den 800 Mitgliedern der Europäischen Bürgerforen und den Mitgliedern des Plenums getroffen haben.
https://www.buergerrat.de/aktuelles/eu-kommissionspraesidentin-will-europaeische-buergerraete/
Ich lese, dass ca. 13 Länder dem schon wieder kritisch bis ablehnend gegen über stehen
Spiel - man nehme vlt. das in den Krieg gezogene Land U.:
"Delegationen, die sich aus Schülern zusammensetzen, stellen sich diplomatischen Herausforderungen. Jeder Delegation wird ein Land zugewiesen, dessen Interessen bestmöglich vertreten werden sollen."
Oder: Auch Delegationen von Journlisten, gerade jenen aus den Talk-Shows, vorlegen mdB um Herarbeitung einer Lösung, die gleichzeitig die öko-sozialen Transformation auf den nachhaltigen Weg bringt ...
United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR)
https://www.unhcr.org/dach/de/
Zahl der Todesfälle bei Meeresüberfahrten steigt dramatisch
Mehr als 3.000 Menschen starben oder wurden vermisst, als sie im vergangenen Jahr versuchten, über das zentrale und westliche Mittelmeer und den Atlantik nach Europa zu gelangen. UNHCR ruft zu dringendem Handeln auf.
Mischkulturen: Die Kombination aus Maisanbau mit der Desmodium-Pflanze und Bohnen hält Unkraut unter Kontrolle, stößt Schädlinge ab und speichert Stickstoff, weshalb kein Kunstünger notwendig ist.
Mit diesem System könn(t)en die Bauern - in einigen Ländern in Ostafrika und im Nahen Osten - ihre Erträge um das Vier- bis Zehnfache im Vergleich zum konventionellen Anbau erhöhen; der Boden bliebe gesund und der Wasserhaushalt in der Balance.
Hans H. Herren, Träger des Alternativen Nobelpreises 2013 (Stiftung Biovision), im Interview mit der SZ vom 12. Mai 2022
"Nahrung wird auch als Waffe benutzt"
Ich nehme an, es gibt den ein oder anderen Bauern der es so macht und den 4-10 fachen Ertrag hat. Das müßte dann doch Schule machen. Gibt es dazu Beispiele?
Noch ein paar konkrete Beispiele für nachhaltigen agrarischen Kulturbau mit reduziertem Düngemitteleinsatz, usw.:
3 Konzepte von praktischem Landbau, Viehhaltung und Hofmanagement, es gibt zahlreiche, regional angepasste Sub-Praktiken, einige hier genannt:
https://en.wikipedia.org/wiki/Integrated_farming
https://en.wikipedia.org/wiki/Intercropping
https://en.wikipedia.org/wiki/Agroforestry
https://en.wikipedia.org/wiki/Integrated_multi-trophic_aquaculture
https://en.wikipedia.org/wiki/Integrated_pest_management
https://en.wikipedia.org/wiki/Intercropping
Diese Konzepte können sehr detailliert an die jeweiligen Standorte und die vorhandenen natürlichen Ressourcen angepasst werden.
Sie sind in der Regel weniger mechanisiert und automatisiert, und brauchen mehr Arbeitskräfte.
Alle Systeme dieser Art werden in der Regel von der global operierenden Agroindustrie direkt und indirekt bekämpft, da diese dann ihre ‚Farming-Inputs‘ in weit geringerem Masse verkaufen können.
Auch ist der Börsenhandel mit diesen Quantitäten sehr limitiert, da die Standardisierung schwer eingehalten werden kann.
Es gibt ein sehr erhebliches Potenzial an Flora und Fauna, die praktisch unbekannt, unerforscht sind, da die gängigen 'Farm-Commodities' hauptsächlich unter Gesichtspunkten der Ertragskriterien bewertet werden.
Es ist zu vermuten, dass es zahlreiche Sorten gibt, die unter veränderten klimatischen Bedingungen wesentlich angepasster wachsen, als die gegenwärtig kommerziell angebauten und gehandelten.
Der Punkt ist: wir wissen es (noch) nicht.
Das Internet ist voll von Literatur über diese Praktiken. Es gibt auf allen Kontinenten zahlreiche erfolgreiche Beispiele für deren Anwendung, zum Teil seit Jahrzehnten, auch mit Unterstützung von FAO, UNDP, UNEP, etc., als Pilotprojekte durch die ADB und die Weltbank
Übergeordnete und Sektor-übergreifende Terminologie findet sich unter dem Stichwort 'Permaculture'.
... das alles zu beschreiben ist ein 2-Semesterprogramm ...